Solarthermische Kraftwerke
Höherer Wirkungsgrad für solarthermische Turmkraftwerke
Das Wissenschaftsteam im Forschungsprojekt HiTRec3D hat mit einem innovativen Absorber einen um bis zu 8 Prozent höheren Wirkungsgrad als bisher üblich erzielt.
„Wir haben unsere Ziele erreicht“, freut sich Projektleiter Jakob Herrmann von Kraftanlagen Energies & Services. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten dreier Partner – Exentis Technology, Vitesco Technologies und dem Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) – wurden in den letzten dreieinhalb Jahren zwei innovative Absorberdesigns und die dafür notwendigen Fertigungsverfahren für solarthermische Turmkraftwerke entwickelt. Das Wissenschaftsteam hat die neuen Absorber anschließend in der DLR Forschungseinrichtung „Synlight“ in Jülich erprobt. Das Ergebnis lässt aufhorchen. Die innovativen Absorber ermöglichen Wirkungsgradsteigerungen von bis zu 8 Prozentpunkten. Beim Bau einer solarthermischen Kraftwerksanlage könnten künftig bei gleicher Leistung kleinere Heliostatfelder angelegt werden. Die Spiegelfelder verursachen in der Regel hohe Kosten. Die Ergebnisse sind daher sowohl in technischer als auch in ökonomischer Hinsicht bedeutsam.
Der Solarabsorber – das Herzstück des Projekts
Ein Solarreceiver erzeugt mithilfe von Sonneneinstrahlung Wärme, die zur Produktion von Strom genutzt wird. Hierbei wird Sonnenlicht von einem Heliostatfeld auf einen Receiver fokussiert, welcher sich aus vielen einzelnen Absorbern zusammensetzt. Das Wissenschaftsteam von HiTRec3D hat für den offenen volumetrischen Receiver zwei verschiedene Materialvarianten getestet: zum einen ein Netz aus nadelähnlichen Pins aus Keramik, zum anderen eine wabenähnliche Struktur aus Metallfolien. Die Besonderheit des keramischen HiTRec3D-Absorbers liegt darin, dass die nadelähnlichen Pins nach oben hin immer feiner werden. Durch diese Geometrie kann die Strahlung besonders weit in den Absorber eindringen. Dieser erwärmt im Inneren die angesaugte Umgebungsluft auf bis zu 800 Grad Celsius. Die Wärmeenergie auf hohem Temperaturniveau kann sehr effizient in einem entsprechenden Wärmespeicher „geparkt“ werden. Sie wird benötigt, um mit Dampf rund um die Uhr Turbinen anzutreiben, die mit Hilfe von Generatoren Strom erzeugen.
Neue Fertigungsverfahren wie der 3D-Druck machen neues Design möglich
Neue technische Möglichkeiten, wie beispielsweise die Produktion von besonders filigranen Bauteilen durch den 3D-Druck, haben es dem Team ermöglicht, den volumetrischen Effekt bestmöglich ausnutzen zu können. Im Solarkraftwerk Jülich, das Absorber nach dem Stand der Technik einsetzt, sind beim Erhitzen von Luft bisher Wirkungsgrade von rund 71 Prozent erzielt worden. „Die Auswertungen der Messungen und Simulationen unserer neuen Absorber haben ergeben, dass das keramische Design einen Wirkungsgrad hat, der rund 8 Prozentpunkte über dem jetzigen Stand der Technik liegt“, berichtet Peter Schwarzbözl vom DLR. „Der Wirkungsgrad des Metallfoliendesigns liegt rund 6 Prozentpunkte höher als bisher. Es wird daran gearbeitet, diese 6 Prozent auch im Modulverbund zu erreichen.“ Neben dem Bauteildesign trägt auch die hohe Wärmeleitfähigkeit der beiden Materialien zu den guten Werten bei.
„Kommerzialisierung in ein bis zwei Jahren möglich“
Das Projekt birgt aufgrund des neuen Absorbermaterials und-designs sowie innovativer Fertigungsverfahren auch ökonomische Chancen. Das DLR hat sich die Technologie bereits international patentieren lassen. Als marktrelevant sieht die Forschungsgruppe zunächst das Metallfoliendesign an: „Ich gehe davon aus, dass eine erste Kommerzialisierung in ein bis zwei Jahren möglich ist“, schätzt Jakob Herrmann. Was die keramische Absorbervariante angeht, ist die Anfangshürde größer. Hierfür muss die Anlagentechnik – im Gegensatz zur metallischen Variante, die auf der Katalysatortechnik der Automobilbranche fußt – völlig neu aufgestellt werden. Projektleiter Jakob Herrmann ist zufrieden: „Wir haben sozusagen eine Zwei-Stufen-Markteinführungsoption: Der metallische Absorber kann zeitnah produziert und in solarthermischen Kraftwerksanlagen eingebaut werden. Die keramische Variante hingegen liegt zwar beim Wirkungsgrad nochmal 2 Prozentpunkte höher. Aber hierfür müssen die Produktionsketten erst noch mit den Anlagen- und Komponentenbauern aufgebaut werden. (nd/it)