Photovoltaik
Schindel-Solarmodule: innovativ verschaltet und industriell herstellbar
Ein neues Matrix-Schindelkonzept verbindet Silizium-Solarzellen und bietet auf begrenzter Fläche maximalen Ertrag. Mit der parallel entwickelten Fertigungsanlage lassen sich Matrix-Module in industriellem Maßstab herstellen.
Schindel-Module bestehen aus schmalen Solarzellstreifen, die mit elektrisch leitenden Klebstoffen zu Strängen (engl. String) verbunden werden. Die einzelnen Solarzellen überlappen sich geringfügig, daher auch der Name Schindel. Im Forschungsvorhaben Shirkan, kurz für „Matrix-Schindel-PV-Modul - robust, kostengünstig, ästhetisch und hocheffizient“, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Forschung und Industrie gemeinsam die Schindel-Technologie um die Matrix-Funktionalität erweitert und zur Industriereife weiterentwickelt.
Die einzelnen Schindel-Solarzellen werden an der langen Zellseite überlappend und versetzt zueinander angeordnet und verklebt, wie Steine in einer Mauer. Das bringt zwei Vorteile: Erstens bilden sich keine Zwischenräume zwischen den Zellen oder Strings. Die verfügbare Fläche kann vollständig belegt werden und inaktive Flächen verschwinden. Zweitens: Es entsteht ein homogenes optisches Erscheinungsbild. Somit ist das neue Matrixmodul gegenüber Standardmodulen effizienter und verfügt über ein hochwertiges Moduldesign. Das sind wichtige Kriterien für die integrierte Photovoltaik, beispielsweise an Fassaden oder Fahrzeugen.
In der Praxis kommt es häufiger vor, dass Schornsteine, Antennen oder Lüftungsauslässe Teile von Photovoltaikmodulen verschatten und so den Stromfluss unterbrechen. Hier zeigt sich eine weitere Qualität der neuen Technologie. Innerhalb der Matrix sind die Zellen elektrisch in Reihe und gleichzeitig parallel verschaltet. Durch dieses Netzwerk von Verbindungen zwischen den Solarzellen kann der Strom kleinteilig verschattete Bereiche umfließen. Dagegen sind bei konventionellen Modulen die Zellen eines gesamten Strangs betroffen – auch wenn nur Teilbereiche verschattet werden. Je nach Art der Teilverschattung kann das neue Matrixmodul zwischen 70 und 95 Prozent mehr Leistung im Vergleich zu herkömmlichen Modulen generieren.
Die Wissenschaftsteams wollen das große Potenzial dieser Verschaltungstopologie in weiteren Untersuchungen demonstrieren. Dazu entwickeln sie derzeit ein weltweit erstes Modul, welches über einen Zelle-zu-Modul Wirkungsgradverlust von 0 Prozent verfügt. So könnte der Wirkungsgrad des Moduls gegenüber Standardmodulen um mehr als 1,5 Prozent gesteigert werden.
Homogene Modulfläche mit individueller Farbgebung
Die neuen Matrix-Schindelmodule eignen sich insbesondere für Gebäudefassaden und Fahrzeugflächen. Hier kommt es darauf an, Flächen optimal auszunutzen und eine hohe Toleranz gegenüber verschatteten Arealen zu erreichen. Darüber hinaus können die Module mit einer Farbschicht kombiniert und in einer Vielzahl von Farben produziert werden. So lassen sich, verbunden mit der homogenen Modulfläche, Fassaden architektonisch vielseitig gestalten und gleichzeitig für die Photovoltaik nutzen.
Stündlich 12.000 Schindelsolarzellen verbinden
Innerhalb des Projekts Shirkan haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Industriepartners M10 Industries einen vollautomatischen Matrix-Schindelstringer entwickelt, um mit dieser Anlage, Matrix-Verschaltungen in industriellem Maßstab zu produzieren. Dazu haben sie in Zusammenarbeit mit dem Projektpartner Polytec PT einen leitfähigen und bleifreien Klebstoff optimiert sowie ein neuartiges Aushärtungsverfahren untersucht und erfolgreich getestet. Zusätzlicher Vorteil der neuen Anlage: diese kann in konventionelle Modul-Fertigungslinien integriert werden. Aktuell haben die Projektteams einen ersten Anlagen-Prototyp am Fraunhofer ISE in Betrieb genommen, um Prototypmodule herzustellen. (mm)