Geothermie
Neue Methoden für bessere Fündigkeit
Die Investitionskosten für geothermische Großprojekte liegen im zweistelligen Millionenbereich. Deshalb benötigen Investoren und Betreiber von geothermischen Kraftwerken bereits im Vorfeld der Planungsarbeiten zuverlässige Daten, um das Fündigkeitsrisiko genauer abschätzen zu können. Hier setzt das Forschungsprojekt SPE an, kurz für „Satellitengestützte Potenzialverfahren zur geothermischen Exploration“. Hierfür entwickelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neue Methoden innerhalb der sogenannten Geomathematik. Die neuen Potenzialmethoden eignen sich, geothermische Potenziale zu identifizieren, insbesondere in Gebieten mit Hohlräumen, die durch Bergbau entstanden sind oder für Gebiete mit sehr dichter Bebauung.
Projektkontext
Üblicherweise nutzen Geologinnen und Geologen die sogenannte Reflexionsseismik, um mögliche Lagerstätten einzuschätzen. Hierbei senden sie Schallwellen in den Untergrund, die von verschiedenen Strukturen unterschiedlich reflektiert werden. Die im Anschluss gemessenen Reflexionen enthalten somit Informationen über die Grenzen einzelner Gesteinsschichten im Erdinneren. Diese Methode eignet sich jedoch nicht für Gebiete mit Hohlräumen, die durch den Bergbau entstanden sind. In dicht bebauten Gegenden sind seismische Messungen zudem schwierig, da hierfür freie Flächen benötigt werden. Auch stören Bewegungen an der Oberfläche – wie etwa durch den Straßenbetrieb – die Qualität der empfangenen Signale.
Bei den neuen Potenzialmethoden hingegen werden Satelliten- sowie luftgestützte und terrestrische Daten mathematisch verknüpft. Das ist eine kostengünstige Alternative beziehungsweise Ergänzung, um Lagerstätten zu untersuchen. Sie eignet sich auch für die Gebiete, die für die seismischen Messungen nicht infrage kommen. Gute Einsatzmöglichkeiten bestehen auch in Regionen, für die bisher nur wenige Daten verfügbar sind, wie etwa großflächige Landpartien mit schlechter Infrastruktur. Mathematisch basiert die Analysetechnik auf einer sogenannten Dekorrelation. Dies bedeutet, dass die Informationen, die in einem Signal enthalten sind, umgewandelt werden. Dabei wird das Signal in Bänder zerlegt, sogenannte Bandpassanteile. Auf diese Weise kann spezielle geologische Information aus dem Signal herausgefiltert werden. Mit den neuen physikalisch basierten Dekorrelationsmethoden lässt sich eine kostengünstige erste Einschätzung der Potenziale von Aquiferen, also grundwasserleitenden Gesteinsschichten, durchführen. Das Verfahren bietet die Möglichkeit, lokale dreidimensionale Untergrundmodelle zu erstellen.
Forschungsfokus
Innerhalb des Projekts SPE entwickelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neue geomathematische Methoden und technische Konzepte, um geothermische Lagerstätten kostengünstig zu erschließen. Im Fokus stand dabei die Gravimetrie. Neben der Seismik, der Magnetik und der Geoelektrik ist die Gravimetrie eine weitere Feldmessmethode, um Lagerstätten zu suchen und zu erschließen, also der Prospektion und der Exploration. Der Einsatzbereich dieser Methoden liegt in unterhöhlten und dicht bebauten Gebieten. Basierend auf Messergebnissen zum Erdschwerefeld lassen sich, auch in Kombination mit den andern oben genannten Verfahren, dreidimensionale geologische Untergrundmodelle erstellen.
Innovation
Als Basis für ihre Weiterentwicklung nutzten die Forschenden aktuelle Dekorrelationsmethoden wie etwa „Gravito-Splines“ und „Gravito-Wavelets“.
Mit den nun neu entstandenen gravimetrischen Methoden ist es möglich, Modelle zur Geologie des untersuchten Untergrunds zu erstellen. Hiermit können beispielsweise Störungszonen aufgespürt werden, die sich als Ziel für eine Geothermie-Bohrung besonders eignen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten in Tests nachweisen, dass die Methoden verlässliche Ergebnisse bereitstellen.
Ergebnisse
Satellitengestützte Potenzialverfahren zielen darauf ab, in Regionen mit anthropogenen Merkmalen, also vom Menschen verursachten Änderungen, wie Städten, Straßen, Schienen, Bergbau, geothermisch geeignete natürliche Störungszonen und Schichten in ausreichender Tiefe zu ermitteln. Das Bayerische Molassebecken diente zunächst als Testgebiet, um die entwickelten Verfahren erfolgreich einzusetzen. Im Anschluss erfolgten gravimetrische Messungen und Modellierungen in einem anspruchsvollen Testgebiet im Saarland (Saarbrücken, Burbach). Eigene Messungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erwiesen sich als notwendig, um die Anforderungen des Verfahrens hinsichtlich der Verteilung der Datenpunkte und deren Dichte zu erfüllen. Zunächst führten die Forschenden für das Land Saarland, für angrenzende Gebiete und den Ort Burbach mit dem neu entwickelten Waveletverfahren eine Oberflächenstudie durch. Hierzu verwendeten sie die Bougueranomalien und Geoidundulationen. Bougueranomalien weisen darauf hin, dass die Dichte im Untergrund ungleichmäßig verteilt ist – also Störungszonen vorliegen. Schwankungen des Geoids deuten darauf hin, dass die Dichte dort großräumig von der Umgebung abweicht.
Praxistransfer
Um die Verfahren kommerziell nutzen zu können, müssen die Ergebnisse für potenzielle Nutzer aufbereitet werden. Innerhalb des Projekts SYSEXPL planen die Forschenden, die im Projekt SPE erforschten gravimetrischen Verfahren mit den im Vorgängerprojekt GEOFÜND untersuchten Methoden für Seismik sowie Geomagnetik (Projekt SYSEXPL) einheitlich aufzubereiten. Alle Strategien dienen dazu, das Fündigkeitsrisiko für potenzielle Investoren zu senken.
Letzte Aktualisierung: 04.12.2019