Photovoltaik
Modulintegrierte Leistungselektronik für Photovoltaikanlagen
Eine modulintegrierte Leistungselektronik bietet vor allem bei kleineren Solaranlagen und gebäudeintegrierter Photovoltaik zahlreiche technische Vorteile. Beispielsweise können Kabel einfacher verlegt werden und das MPP-Tracking (Maximum-Power-Point) ist auf Modulebene möglich. Im Rahmen dieses Vorhabens wurden Technologien für eine modulintegrierte Leistungselektronik erforscht. Der Betrieb des neuen sehr flach konstruierten Wechselrichters kann über eine drahtlose Kommunikationsschnittstelle überwacht und protokolliert werden. Zudem ist die Leistungselektronik blindleistungsfähig, um auch künftigen Anforderungen und Normen gerecht zu werden und einen Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes zu leisten.
Wechselrichter der vierten Generation
Das Interesse an modulorientierter Leistungselektronik (Modulwechselrichter und modulintegrierte DC/DC-Wandler) hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Die erste Generation von Modulwechselrichtern wurde mit 50 Herz-Transformatoren aufgebaut. Die zweite, heute eingesetzte Generation arbeitet mit Hochfrequenztransformatoren (Schaltfrequenzen von 16 bis 100 Kilohertz). Die dritte Generation wird gerade entwickelt und mit deutlich höheren Schaltfrequenzen betrieben (Faktor 10 bis 20). Alle Wechselrichter verfügen über ein eigenes Gehäuse und werden am Solarmodul oder am Gestell verschraubt. Die vierte Generation soll in das Solarmodul einlaminiert werden können.
Bei aktuell verfügbaren Mikro- oder Modulwechselrichtern liegen die leistungsspezifischen Systemkosten bei kleinen Photovoltaikanlagen (Leistung unter 1 Kilowatt) deutlich über denen von mittleren Anlagen (Leistung von 3 bis 10 Kilowatt). Neue Technologien, die die Leistungselektronik vollständig in das Modul integrieren, können perspektivisch die Systemkosten reduzieren. Zudem kann der Wirkungsgrad von bisher 90 bis 95 Prozent auf über 96 Prozent steigen. Dabei spielen auch Volumen und Gewicht eine wichtige Rolle. Momentan am Markt verfügbare Wechselrichter können nicht in das Solarmodul einlaminiert werden. Sie sind zu groß und zu schwer. Zudem steigt die Anforderung an Wechselrichter, Blindleistung bereitzustellen, um dezentral dazu beizutragen, das Stromnetz zu stabilisieren. Diese Eigenschaft wird zunehmend von Netzbetreibern gefordert.
Innerhalb des Projekts „ModulWR_4“, kurz für „Modulwechselrichter der vierten Generation“, haben die Projektpartner einen modulintegrierten Wechselrichter entwickelt, der ausreichend flach und leicht konstruiert ist, sodass dieser in das Solarmodul einlaminiert werden kann. Dadurch ist es erforderlich, den kompletten Aufbau des Wechselrichters neu zu denken.
Neue Technologien für modulintegrierte Wechselrichter
Diese haben den Vorteil, dass sich unterschiedlich bestrahlte Bereiche der Solarmodule oder abweichend ausgerichtete Module nicht negativ auf die Gesamtleistung der Photovoltaikanlage auswirken. Dafür ist der lokale MPP-Tracker verantwortlich, über den jeder Wechselrichter verfügt. Seine Aufgabe ist es, kontinuierlich dafür zu sorgen, dass der maximale Ertrag aus den einzelnen Solarmodulen der Anlage bezogen werden kann. Daher eignen sich diese Wechselrichter beispielsweise für unterschiedlich ausgerichtete Gebäudefassaden und Dächer, bei denen Schornsteine, andere Gebäudeteile oder umstehende Bäume einzelne Module verschatten.
Die Projektpartner haben zwei Technologielinien untersucht. Eine in das Solarmodul einlaminierte und somit vollintegrierte Leistungselektronik und eine in ein flaches Gehäuse integrierte Elektronik, die am Modulrahmen befestigt wird. Die Bauhöhe beträgt jeweils nur 25 Millimeter. Um den Wechselrichter direkt in das Solarmodul einzulaminieren, muss die Leistungselektronik verkapselt werden. So entsteht ein homogener und mechanisch stabiler Block. Für dieses Verfahren haben die Forscherinnen und Forscher verschiedene Epoxidharze getestet. Das gewählte Harz füllt alle Freiräume zwischen den Komponenten aus und verfügt über die gewünschte, gute Wärmeleitfähigkeit. Diese Eigenschaft spielt eine wichtige Rolle, da die Spannung der Solarzellen von der Temperatur beeinflusst wird. Lokale Temperatur-Hotspots müssen vermieden werden, indem die Verlustwärme der Leistungselektronik verteilt und abgeleitet wird. Hierfür mussten die Forscherinnen und Forscher eine optimale Konfiguration des Systems finden. Untersucht haben sie diese mit Hilfe von thermischen Simulationen.
Sicherheitstechnische Anforderungen
Im Zuge der sicherheitstechnischen Betrachtung hat das Projektteam die Normen der internationalen Märkte berücksichtigt. Daraus haben sie die Anforderungen an die zu wählende Schaltungstopologie mit oder ohne galvanische Trennung abgeleitet und drei Aspekte betrachtet: Was ist aus technischer sowie ökonomischer Sicht sinnvoll und aus Sicht der Norm sowie der sicherheitstechnischen Aspekte vorgeschrieben und was verlangt der Markt. Die Projektpartner haben sich für galvanisch getrennte Topologien entschieden, auch wenn dies aus technischer Sicht für einen vollintegrierten Wechselrichter nicht zwingend erforderlich wäre (siehe Stringwechselrichter). Allerdings fordern Absatzmarkt und Kundenwünsche diese technische Lösung.
Neue Halbleitermaterialien verbessern den Wirkungsgrad
Der gewünschte Aufbau des neuen Wechselrichters stellt hohe Ansprüche an die Leistungshalbleiter. Um die Baugröße der passiven Bauelemente zu verringern, müssen Leistungshalbleiter hohe Taktfrequenzen bei gleichzeitig geringen Verlusten erreichen. Üblicherweise werden aus Kostengründen Leistungshalbleiter aus Silizium (Si) eingesetzt. Daneben haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neue Bauelemente auf Basis von Siliziumcarbid (SiC) und Galliumnitrid (GaN) untersucht. Mit SiC konnte in der Wechselrichterstufe ein Spitzenwirkungsgrad von 97,7 Prozent nachgewiesen werden. Allerdings sind diese Materialien aufgrund der hohen Nachfrage aktuell teurer als Si-Bauelemente. Im Anschluss wurde für das Gesamtsystem der EU-Wirkungsgrad rechnerisch ermittelt. Dieser entspricht einem gewichteten Mittelwert der Wirkungsgrade bei unterschiedlicher Leistung des Systems. Beim Einsatz von Si- und SiC-Bauelementen beträgt er circa 95,7 bis 95,8 Prozent.
Anlage überwachen und drahtlos kommunizieren
In weiteren Untersuchungen haben die Forscherteams verschiedene drahtlose Kommunikationsplattformen entwickelt. Dabei haben sie deren Eigenschaften und Eignung für Modulwechselrichter untersucht und erprobt. Die neuartige drahtlose Kommunikationsschnittstelle überwacht den Betrieb über ein Bluetooth-Modul. Zusätzlich zeichnet es die Daten auf. Das Gerät lässt sich extern steuern, um beispielsweise Vorgaben der Netzbetreiber einzustellen.
Die Kommunikation mit Bluetooth 5.0 eröffnet den Zugang zu modernen Lösungen für Smarthome-Systeme und standardisierter Cloud-Datenerfassung. Der neue Funkstandard erlaubt es, unterschiedliche Datenerfassungssysteme zu nutzen. Darüber hinaus ist die verbesserte Reichweite entscheidend.
Zukünftiges Entwicklungspotenzial
Die Projektteams haben innovative Lösungen für die neuen Herausforderungen einer modulintegrierten Leistungselektronik entwickelt. Durch den parallelen Entwicklungsansatz mit zwei Technologielinien wurde jeweils ein Demonstrator realisiert: eine in das Solarmodul einlaminierte und eine in ein flacheres Gehäuse integrierte Leistungselektronik.
Die erzielten Ergebnisse können sowohl kurz- bis mittelfristig in vermarktungsfähige Modulwechselrichter in flacheren Gehäuseformen als auch langfristig in neue Produkte, integriert in Solarmodule, einfließen.
Letzte Aktualisierung: 14.04.2021
AEconversion GmbH & Co. KG
Hochschule Coburg – Fakultät Elektrotechnik und Informatik