Photovoltaik
Strom aus Photovoltaik stabilisiert Stromnetze
Der Anteil erneuerbarer Energien im Stromnetz wächst kontinuierlich. Zukünftige Photovoltaik-Kraftwerke müssen deshalb zusätzlich zur Stromerzeugung auch verstärkt dazu beitragen, Schwankungen zwischen Angebot und Nachfrage auszugleichen: Sie übernehmen Funktionen zur Stabilisierung des Stromnetzes, die bisher von konventionellen Kraftwerken erbracht werden. Wie eine zuverlässige Stromversorgung mit einem Hybridkraftwerk, das Photovoltaik und fossile Stromerzeugung optimal kombiniert, umgesetzt werden kann, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Projekt Zukunftskraftwerk PV untersucht.
Projektkontext
Photovoltaik-Kraftwerke tragen, im Gegensatz zur Leistungsbereitstellung durch Generatoren in klassischen Kraftwerken, bisher nicht dazu bei, die Netzeigenschaft, insbesondere die Netzfrequenz, aufrechtzuerhalten. Diese erforderlichen Netzdienstleistungen können PV Kraftwerke nicht erbringen, da keine Reserven vorgehalten werden. Ihre Wechselrichter sind darauf ausgelegt, einen größtmöglichen Strom ins Netz einzuspeisen. Bereits 2017 machten die erneuerbaren Energien 33 Prozent der Bruttostromerzeugung in Deutschland aus, je nach Wetterlage sogar über 50 Prozent.
Deshalb ist es erforderlich, dass auch die erneuerbaren Energien künftig verstärkt mit Netzdienstleistungen zur Stabilität der Stromnetze und sicheren Versorgung beitragen. Durch die Anbindung eines Batteriespeichers wird zusätzlich abrufbare Leistung vorgehalten, die bei Bedarf sofort im Netz verfügbar ist. Dadurch können solche Anlagen plötzlich auftretende Stromengpässe im Netz kompensieren, die beispielsweise entstehen, wenn ein großes Kraftwerk vom Verbundnetz abfällt. Derzeit übernehmen klassische Kraftwerke diese Aufgabe.
Forschungsfokus
Als wichtigste technische Neuerung soll das Zukunftskraftwerk PV Aufgaben wie die Netzführung in der Stromversorgung übernehmen und hierbei konventionelle Kraftwerke ersetzen können. Dafür ergänzen und verändern die Forscherteams in einem vom PV-Projektentwickler Belectric koordinierten Projekt die Technik und Steuerung der neuen Photovoltaik-Kraftwerke: Diese erweiteren sie um Batteriespeicher, befähigen die PV-Wechselrichter für den dualen Betrieb mit Photovoltaik und Batterie, integrieren Dieselgeneratoren, ermöglichen die Integration beliebiger anderer Erzeuger und entwickeln neue Planungs- und Steuerungssoftware. Ziel ist, mit diesen Anlagen sowohl Leistung für das Netz als auch verschiedene Netzdienstleistungen bereitstellen zu können. Außerdem wollen die Projektpartner die System- und Betriebskosten dieser Kraftwerke senken sowie deren Leistung und Langlebigkeit verbessern.
Innovation
Die Projektpartner haben die einzelnen Komponenten und deren Zusammenspiel aus Photovoltaik, Batterie und anderen Erzeugern zur Systemdienlichkeit, bis hin zum Inselnetzbetrieb, befähigt und Software zur kostenoptimierten Auslegung entwickelt. Mit dieser Hybridisierung werden Grundlagen für die zukünftig vorranging wechselrichtergespeisten Netze gelegt.
Schwerpunkte waren dabei:
- Wechsel Netzstellend/Netzfolgend
- Entwicklung eines Systems (SCADA) zur Fernüberwachung und Steuerung der Anlage und Datenerfassung
- Weiterentwicklung von Photovoltaik und Batterie insbesondere, um Kosten zu reduzieren
Ergebnisse
Die Wechselrichter und deren Regelung passten die Forscherteams an die im künftigen europäischen Verbundnetz erforderlichen Aufgaben, klassische Netzdienstleistungen bis hin zur Momantanreserve zu übernehmen, an. Die neuen Wechselrichter können zukünftig die Funktion eines konventionellen Generators gut ersetzen, lediglich die Überlastfähigkeit ist auf 20 bis 30 Prozent begrenzt.
Darüber hinaus erweiterten die Partner das Funktionsspektrum von Wechselrichter und Batteriespeicher. Somit ist auch die Schwarzstartfähigkeit, das vom Stromnetz unabhängige Anfahren des Kraftwerkes und anderer angeschlossener klassischer Erzeuger, gewährleistet.
Anlagen-Optimierung: Kosten senken, Performance steigern
Das neue SCADA-System (Supervisory Control and Data Acquisition) als Tool zur Überwachung und Steuerung der Kraftwerksanlage erlaubt es, den Betrieb aller Komponenten zu überwachen und deren Leistung, Funktionsbereitschaft und Daten zu erfassen und darzustellen.
Mit einem weiteren neuen Tool lassen sich Wartungskosten reduzieren. Es dient dazu, defekte Module zu ermitteln, die ausgetauscht werden müssen. Mit ihm können Techniker die Spannungen jedes Moduls im Strang direkt im Betrieb berührungslos messen, um den Alterungszustand festzustellen. Denn ein einzelnes schlechtes Modul reduziert nicht nur die Spannung im eigenen Strang und damit den Ertrag - auch die Spannung aller parallelen Stränge liegt dann nicht mehr im optimalen Arbeitspunkt. Bisher war es viel aufwendiger, den Zustand eines einzelnen Moduls genau zu ermitteln. Dafür musste der gesamte Strang vom Netz genommen werden, und alle Module waren aufwendig zu vermessen.
PV-Hybridkraftwerk für autonome Netze
Während Photovoltaik-Kraftwerke in Europa derzeit noch in ein von konventionellen Kraftwerken geprägtes, starres Netz einspeisen, haben sie in schwachen Netzen und Inselanlagen bereits heute einen starken Einfluss auf die Systemstabilität. Durch den wachsenden Anteil erneuerbarer Energien im Netz sollen sie verstärkt netzstabilisierende und netzbildende Eigenschaften einbringen. Dafür bringen Photovoltaik-Freiflächenkraftwerke gute Voraussetzungen mit. Sie sind groß genug, um in die Anlagensteuerungs- und Überwachungs-Systeme der Energieversorger integriert zu werden.
Die Forscherteams untersuchten im ersten Schritt Prinzipien und Komponenten für kleine, teils autonome, Netze in Zukunftsmärkten. Die dafür ausgelegten neuen Hybridkraftwerke müssen jederzeit Leistung bereitstellen. Batteriespeicher ergänzen deshalb die Photovoltaikanlagen. Die ersten Anlagen hatten eine Größenordnung um eine Megawattstunde, aktuelle Lithium‑Ionen‑Energiespeicherkraftwerke bereits einige Dutzend Megawattstunden. Darüber hinaus lassen sich klassische Erzeuger wie Diesel- und Gasaggregate für den Einsatz in einem Hybridkraftwerk einpassen.
Ein entsprechendes Hybridkraftwerk bauten die Ingenieure am Horn von Afrika auf. Sie legten die Kombination von PV, Batterie und Dieselaggregat mit dem Ziel aus, Treibstoffverbrauch und Stromgestehungskosten möglichst niedrig zu halten. Im Tagesschnitt stammen etwa 80 Prozent der gesamten Energie aus der erneuerbaren Quelle. Auf Grund der netzerhaltenden Betriebsweise der Batteriewechselrichter läuft das Dieselaggregat nur noch im Nachtbetrieb an. Es konnte dadurch kleiner ausgelegt werden, und seine Lebensdauer erhöht sich. Dies hilft, Kosten zu sparen.
Letzte Aktualisierung: 20.12.2018