Für dezentrale Energieanlagen eignen sich insbesondere Industriegasturbinen mit einer Leistung kleiner 25 Megawatt. Ähnlich wie Flugzeugturbinen können diese schnell hochfahren und ermöglichen somit rasche Lastwechsel. Damit sind diese Turbinen ein wesentlicher Baustein im Zusammenspiel mit erneuerbaren Energieerzeugungsanlagen. Im Projekt Grüne Erde entwickelten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der MAN Energy Solutions gemeinsam mit den Projektpartnern DLR Stuttgart und der Ruhr-Universität Bochum eine neue Industriegasturbine. Diese eignet sich für den Einsatz in kombinierten Gas- und Dampfturbinen (GuD-) Anlagen und in Prozessen der Kraft-Wärmekoppelung.

Projektkontext

Die Einspeisung erneuerbarer Energien unterliegt großen Schwankungen und trotzdem muss eine sichere Energieversorgung garantiert werden. Um diese zu gewähren, sind schnell nutzbare Reserven notwendig. Einen vielversprechenden Ansatz bieten die Entwicklungspotentiale von Industrieturbinen zur Stromerzeugung in kompakten Kraft-Wärme-Kopplungs- und GuD-Anlagen, welche rasche Hochfahrzeiten ermöglichen und somit netzstabilisierend wirken. Bei der weiteren Entwicklung von Gasturbinenanlagen spielen flexible Betriebsweisen und Brennstoffe eine wichtige Rolle, um eine nachhaltige und emissionsarme Energieversorgung zu ermöglichen.

Um Synergieeffekte mit Triebwerkstechnologien zu nutzen, ging das Projektteam eine Partnerschaft mit dem Triebwerksbauer MTU Aero Engines AG in München ein. Beim Aufbau eines Prüfstandes nutzten die Partner die Erfahrungen der AG Turbo. Die AG Turbo dient als deutsche Plattform für innovative Turbinenforschung.

Forschungsfokus

Die Effizienz kompakter Gas- und Dampfturbinen-Anlagen kann deutlich verbessert werden. Hier setzt das Grüne-Erde-Verbundvorhaben mit seinen Forschungsschwerpunkten an. Ein Augenmerk der Projektpartner richtet sich auf den thermischen Wirkungsgrad. Ziel ist es, diesen auf über 55 Prozent zu erhöhen und im KWK-Prozess von 80 auf 85 Prozent anzuheben. Ergänzend strebten sie an, die Lastflexibilität zu steigern, die Startzeiten zu halbieren sowie die NOx-Emissionen auf unter 10 ppm für 40 -100 Prozent Last (single digit NOx) zu reduzieren. Darüber hinaus sollten die Anlagen eine höhere Brennstoffflexibilität erreichen, welche es beispielsweise gestattet, größerer Mengen regenerativ erzeugten Wasserstoffs beizumischen.

Neben technologischen Verbesserungen, die zu einer höheren Last- und Brennstoffflexibilität führen, war gleichfalls eine robuste Bauweise für schnelle Lastwechsel gefragt. Diese ist erforderlich, um den gewünschten hohen Brennstoffausnutzungsgrad von 85 Prozent zu erreichen. Dazu mussten die Projektpartner einzelne Bauteile anpassen, um die Lebensdauer der Turbinen zu erhöhen.

Innovation

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelten eine Industriegasturbine mit einer Leistung kleiner 25 Megawatt, die in kompakten dezentralen Turbinenanlagen eingesetzt werden kann. Es gelang ihnen der Nachweis, die Gasturbine mit synthetisch erzeugten Gasen bis zu einem Anteil von 20 Prozent am Brenngas zu betreiben. Im konkreten Fall handelt es sich um Wasserstoff. Synthetische Gase entstehen bei der chemischen Speicherung von Energie und stehen für die Rückverstromung mit Gasturbinen bereit.

Ergebnisse

Alle Komponenten einer Kraftwerksanlage müssen optimal aufeinander abgestimmt sein, um die Flexibilität der Anlage zu verbessern. Damit dies gelingt, erweiterten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die bestehenden Auslegungsverfahren, um den Einfluss der transienten Betriebsweise bereits im Entwicklungsprozess erfassen zu können.

Die Brennstoffe sollen in der Brennkammer bereits bei einem niedrigen Teillastbetrieb von 40 Prozent der Volllast sowie schnellen Lastwechseln schadstoffarm verbrennen. Dies ist auch bei veränderten Brennstoffzusammensetzungen gewünscht. Insgesamt zeigten die Verbrennungsergebnisse, dass die Effizienz des Verbrennungsprozesses gesteigert, die NOx-Emissionen verringert sowie die Brennkammerstabilität verbessert wurde.

Die im Forschungsvorhaben „Grüne Erde“ entwickelten Bauteile der Gasturbine, werden mit Hilfe eines Prüfstandes unter realitätsnahen Bedingungen getestet. Diese Arbeiten erfolgen im Anschlussprojekt GREEN BELT: „Dezentrale Gasturbinenanlagen für schnelle Reserven im Verbund mit erneuerbarer Energieumwandlung“. Damit gehen die Forschenden einen nächsten Schritt hin zur Entwicklung einer marktfähigen effizienten Industriegasturbine für dezentrale Stromerzeugungsanlagen.

Praxistransfer

Die Projektpartner nutzen die erzielten Ergebnisse, um die Auslegungsverfahren von Industriegasturbinen zu verbessern. Durch eine enge Verzahnung zwischen der Weiterentwicklung dieser Prozesse und den Erkenntnisse aus den Versuchsergebnissen sind die neuen Verfahren bereits für die Entwicklung von Serienprodukten einsetzbar.

 

Letzte Aktualisierung: 15.08.2019

Auf einen Blick

Kurztitel: Grüne Erde
Förderkennzeichen: 03ET7030A-C
Themen: Gasmotoren, Turbomaschinen
Projektkoordination: MAN Energy Solutions SE
Laufzeit gesamt: August 2014 bis Juli 2018

Projektsteckbrief als PDF downloaden

Quintessenz

  • Neue Industriegasturbine mit einer Leistung kleiner 25 Megawatt eignet sich für den Einsatz in kombinierten Gas- und Dampfturbinen-Anlagen.
  • Trotz eines Anteils von 20 Prozent Wasserstoff im Brenngas arbeitet die Turbine stabil.
  • Beim Betrieb der Turbine im Teillastbereich liegen die NOx-Emissionen unter 10 ppm.
  • Industriegasturbinen mit schnellen Hochfahrzeiten wirken netzstabilisierend.

Kontakt

Dr. Alexander Wiedermann
MAN Energy Solutions SE
Steinbrinkstrasse 1
46145 Oberhausen

+49(0)208-6922238

www.man-es.com

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Institut für Verbrennungstechnik (VT)

www.dlr.de

 

Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für thermische Turbomaschinen und Flugantriebe, Institut für Energietechnik

www.rub.de/ttf

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