Wasserkraft
Strom produzieren mit Fischwanderhilfe
Zentrales Ziel der Ingenieurinnen und Ingenieure ist eine Fischwanderhilfe, die gleichzeitig Strom produziert und Fischen und sonstigen Wasserlebewesen ermöglicht, die Wehranlage durchgängig und verletzungsfrei zu passieren. Für die Wehranlage am Wasserkraftwerk Hinterstein war eine umfassende Sanierung geplant, die die Anlage sowohl energetisch als auch ökologisch verbessern sollte. Daher kam eine konventionelle Lösung nicht in Betracht. Durch den Bau der neuen Wasserkraftschnecke erwarten die Betreiber eine deutlich höhere Stromproduktion von circa 500.000 Kilowattstunden pro Jahr.
Flüsse als Energiequelle
Ziel des Forschungsprojekts Hinterstein, kurz für „Energetische und ökologische Sanierung der Wehranlage am Wasserkraftwerk Hinterstein“ ist es, Strom zu produzieren und gleichzeitig den Lebensraum Fluss zu erhalten. Dazu wird die Wasserführung neu gestaltet und gleichzeitig dafür gesorgt, dass Fische und sonstige Wasserlebewesen die Wehranlage verletzungsfrei passieren können. Das Wasserkraftwerk befindet sich an der Ostrach, einem Fluss, der das ganze Jahr über reichlich Wasser führt.
In Deutschland wird vor allem das fließende Wasser in Flüssen als Energiequelle genutzt. Die Technologie ist etabliert und kommt an vielen Standorten zum Einsatz. Der Anteil des aus Wasserkraft erzeugten Stroms lag 2019 in Deutschland bei etwa 3 Prozent.
Das Kraftwerk Hinterstein wurde 1897 in Betrieb genommen und im Jahr 2000 erstmals modernisiert. Die Betreiber bauten die ursprüngliche Francisturbine zu einer Diagonalturbine um und versahen sie mit einem neuen Asynchrongenerator. Die sanierten Anlage, mit einer installierten Leistung von 210 Kilowattstunden, erzeugt jährlich etwa 1,5 Millionen Kilowattstunden Strom. Damit können circa 500 Haushalte mit elektrischer Energie versorgt werden.
Wasserkraftschnecke dient als Wanderhilfe für Fische
Die neue Wasserkraftschnecke mit Fischauftrieb basiert auf dem Funktionsprinzip von Archimedes und wird auch als Schneckenpumpe oder Schneckenförderer bezeichnet. „Mit der neuen Wasserkraftschnecke nutzen wir das festgelegte Restwasser. Dieses sorgt dafür, dass die Ostrach im Kraftwerksabschnitt immer Wasser führt. Gleichzeitig erzeugen wir jährlich knapp 500.000 Kilowattstunden regenerativen Strom, bei einer deutlich verbesserten Gewässerökologie“, so Karlheinz Loitz Prokurist der Allgäuer Kraftwerke GmbH.
Die große Wasserkraftschnecke erzeugt durch das ausfließende Triebwasser eine Lockströmung für Fische und sonstige Wasserlebewesen. Hier angelangt, schwimmen sie in den bis zum Gewässergrund reichenden Eingang der Fischaufstiegsschnecke. Der Schneckenwendel, also der Schneckenflügel, transportiert die Wasserlebewesen mit einer Wasserfüllung schonend nach oben. Über eine Fischrinne gelangen die Fische und Kleinstlebewesen anschließend ins Oberwasser. Das nach oben geförderte Wasser treibt die große Wasserkraftschnecke zusätzlich an und kann energetisch genutzt werden. Gleichzeitig dient dieses Wasser den Lebewesen für ihre Wanderung flussabwärts. Diese neuartige Technologie kombiniert zwei Aspekte: sie sorgt für einen durchgängigen Flusslauf und für die energetische Nutzung der geforderte Restwassermenge.
Das neue Konrad Zuse Kraftwerk im Betrieb testen
Das neue Kraftwerk mit Wehranlage und Wasserkraftschnecke ist, neben einer Versuchsanlage des Herstellers, die erste kommerziell genutzte Anlage in Deutschland. Bis Herbst 2021 wird das Konrad Zuse Kraftwerk innerhalb eines ökologischen Monitorings untersucht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen überprüfen, wie sich die neue Wasserkraftanlage auf die Fischpopulation und die sonstige Wasserfauna auswirkt.
Letzte Aktualisierung: 14.08.2020