Windenergie
Aerodynamik von Rotorblättern intelligent steuern
Auf Rotorblätter von Windenergieanlagen wirken in einem fort variierende Windstärken und Turbulenzen. Diese ständig wechselnden Belastungen müssen für jedes Rotorblatt individuell ausgeglichen werden. Bisher geschieht dies, indem der Anstellwinkel der aktuellen Situation angepasst wird. Allerdings eignet sich diese Methode nicht für große Rotorblattdurchmesser. Daher entwickeln die Projektpartner im Forschungsverbund TOpWind intelligente und lokal in die Rotorblätter integrierte Elemente. Diese können schnell auf Strömungsänderungen reagieren. Ziel ist es, die Energieerträge der Windenergieanlage zu verbessern und die Schallemissionen zu verringern.
Auf aerodynamische Lasten reagieren
Die Größe von Windenergieanlagen nimmt stetig zu und Rotorblattdurchmesser von über 120 Metern an Land und über 160 Metern auf See stellen große aerodynamische und aeroakustische Herausforderungen dar. Richtung und Geschwindigkeit des Windes können sich jederzeit und plötzlich ändern. Dieser als Windscherung bezeichnete Vorgang geschieht, wenn zwei unmittelbar benachbarte Luftschichten aneinander vorbeiströmen, die über unterschiedliche Eigenschaften verfügen. Damit wirken große Kräfte auf die Rotorblätter. Bisher wurden Ansätze verfolgt, diese Belastungen individuell über den Pitchwinkel zu regeln, also den Anstellwinkel eines jeden Rotorblatts auszugleichen (englisch „Individual Pitch Control“ (IPC)). Diese Lösung hat sich für die neuen großen Rotordurchmesser nicht bewährt - trotz leichterer Bauweise der Rotorblätter. Eine interessante Alternative zur Individual Pitch Control bietet die aktive Strömungskontrolle. Lokal in die Rotorblätter integrierte intelligente Elemente reagieren direkt auf Strömungsänderungen. Perspektivisch können sie den Einsatz leichterer und noch längerer Blätter ermöglichen. Hier setzt das Projekt TOpWind, kurz für „Technologische und ökonomische Betrachtung der Anwendung aktiver Strömungskontrolle zur Optimierung der Winderntefähigkeit von Windenergieanlagen“ an.
Strömungen am Rotorblatt aktiv beeinflussen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler testen, wie sich durch innovative, fluidische Aktoren – also Antriebe, die flüssige oder gasförmige Medien benutzen - die Aerodynamik des Rotorblatts beeinflussen lässt. Hierfür kommen Aktoren zum Einsatz, die der Strömung an der Blattoberfläche durch gezieltes gepulstes Einblasen von Luft ein zusätzliches Moment beifügen und damit die Grenzschicht zwischen Rotorblatt und Umgebung beeinflussen. Bislang werden fluidische Aktoren hauptsächlich im Luftfahrtbereich genutzt. Erste Untersuchungen an Rotorblättern haben gezeigt, dass eine aktive und kontrollierte Strömung über fluidische Aktoren eine vielversprechende Technologie ist. Damit kann die aerodynamische und aeroakustische Situation von Windenergieanlagen deutlich verbessert werden.
Im Windkanal testen
Weitere Untersuchungen mit ersten Rotorblatt-Prototypen werden in zwei verschiedenen Windkanälen in Braunschweig durchgeführt. Hier erforschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Aktorikkonzept hinsichtlich der akustischen Eigenschaften an einem Rotorblattmodell. Zudem charakterisieren sie die aerodynamischen Eigenschaften der Aktoren in einem Niedergeschwindigkeits-Windkanal.
Die Erkenntnisse aus den Windkanalversuchen sollen zeigen, ob das finale fluidische Aktorsystem sowohl technisch als auch wirtschaftlich genutzt werden kann. Erste Resultate erwarten die Projektteams für Ende 2020.
Letzte Aktualisierung: 16.07.2020
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