Bioenergie ist flexibel einsetzbar – unabhängig von Witterungsbedingungen steht sie als gespeicherte Energie zu jeder Tages- und Jahreszeit zur Verfügung. Damit kommt ihr im Bereich der erneuerbaren Energien eine besondere Rolle zu. Um diese auszufüllen, muss sie sich flexibel in ein komplexes Energiesystem einfügen. Im Projekt OptiSys haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersucht, wie diese Eigenschaft der Bioenergie innerhalb des Energiesystems treffend abgebildet werden kann. Sie haben analysiert, wie verschiedene Anlagenparameter von Biogasanlagen die Ergebnisse von Energiesystemmodellen beeinflussen. Die Ergebnisse sind in das Methodenhandbuch „Bioenergie als Flexibilitätsoption im Energiesystem“ eingeflossen.

Bioenergie als Baustein im Energiesystem

Der Ausbau der erneuerbaren Energien erfordert eine neue Struktur des gesamten Energieversorgungssystems. Neue Technologien und Betriebskonzepte müssen integriert werden. Dabei ist Flexibilität eine der wichtigsten Eigenschaften - sowohl bezüglich der Technologien als auch des Anlagenparks. Hier unterstützen unter anderem Speicher, Power-to-X- und flexible Kraftwerke. Diese verschiedenen Technologien müssen im Energiesystem gekoppelt und intelligent eingebunden werden. Relevant dabei sind Aspekte wie Versorgungssicherheit, Kosteneffizienz sowie Umwelt- und Klimaschutz. Um die verfügbaren technischen Optionen optimal kombinieren zu können, werden Energiesystemmodelle eingesetzt.

Allerdings werden die Möglichkeiten und Eigenschaften der Bioenergie, die fluktuierenden erneuerbaren Energien auszugleichen und flexibel zu operieren, meist vereinfacht abgebildet. Bisher sind Fragen, wie sich Bioenergie hinsichtlich der Kosten am besten integrieren lässt und wie sich die Flexibilität auch hinsichtlich saisonaler Effekte am besten nutzen lässt, noch unzureichend geklärt.

Bioenergie in einem gekoppelten Strom-Wärme-Versorgungssystem

Das Vorhaben OptiSys, kurz für „Optimaler Anteil und Systembeitrag von Bioenergie in gekoppelten Elektrizitäts- und KWK-Systemen in Deutschland“ zielte darauf ab, den kostenoptimalen Anteil der Bioenergie im Energiesystem von morgen und ihre bestimmenden Faktoren zu beschreiben. Dabei haben die Projektteams der drei beteiligten Forschungseinrichtungen neben dem Strombereich auch den Wärme- und Verkehrssektor beachtet.

Als Basis haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die unterschiedlichen technischen Lösungen berücksichtigt, um Energie aus Biomasse bereitzustellen. So wollen sie die Lücke zwischen „Erneuerbare Energien-Systemstudien“ und „Bioenergie-Systemstudien“ schließen. Hierzu haben sie das Spektrum an Bioenergietechnologien wie Biogasanlagen, Biomasseheizkraftwerke und Biomethan-Blockheizkraftwerken (BHKW) in Technologieclustern abgebildet. Gleichermaßen haben sie weitere Technologien wie beispielsweise Speicher, Power-to-Heat und konventionelle Kraftwerke berücksichtigt.

Dazu bewerteten sie den Systembeitrag und den Einfluss unterschiedlicher Eigenschaften der Technologien wie Flexibilität und Verfügbarkeit von Bioenergieanlagen. Mithilfe des Elektrizitätsmarktmodells E2M2-Bio haben sie die Sektorkopplung in den Bereichen Strom-Wärme und Strom-Elektromobilität analysiert. Elektrizitätsmarktmodelle beinhalten die wesentlichen Aspekte der elektrischen Energieversorgung, -erzeugung, -übertragung und-verteilung sowie die Rahmenbedingungen des Strommarkts. Diese Modelle spielen eine wichtige Rolle sowohl für die strategische Planung von Energieversorgern als auch für die Politik. Das Modell E2M2-Bio der Universität Stuttgart bildet den Strom- und Wärmemarkt detailliert ab und wurde um den Mobilitätssektor erweitert.

Biogasanlagen in Energiesystemmodellen

Biogasanlagen nehmen in einem nachhaltigen Energiesystem eine wichtige Rolle ein, da sie einen Großteil der erneuerbaren Strom- und Wärmeversorgung übernehmen. Zudem haben sie im Verkehrsbereich regenerative Anteile. Der Wert der flexibel einsetzbaren Bioenergie im Strom- und Wärmesystem wird durch den großen Anteil an fluktuierender Solar- und Windenergie gesteigert.

Die Potenziale von Biogasanlagen können ergänzend zur Solar- und Windenergie eingesetzt werden und deren schwankende Stromerzeugung ausgleichen, auch als „Überbauung“ bezeichnet. Darunter wird die gesteigerte Leistung von BHKW verstanden, die Biogas in Strom umwandeln. Nimmt der Anteil erneuerbarer Energien zu, verstärkt sich der Einfluss. Zudem hat das Potenzial wirtschaftliche Vorteile. Daher sollten Biogasanlagen, die flexibel Energie bereitstellen können, in Energiesystemanalysen nicht vernachlässigt werden.

Ein Säulendiagramm zeigt  die Bruttostromerzeugung im Referenzfall mit maximaler 5-facher (links) und reduzierter Überbauung (mitte: 2-fach, rechts: 1-fach) bei einem Anteil von 50 Prozent erneuerbarer Energien im Energiesystem
© Uwe Holzhammer, Ludger Eltrop

Vergleich der Bruttostromerzeugung im Referenzfall mit maximaler 5-facher, FF5  (links) und reduzierter Überbauung (mitte: 2-fach, FF2, rechts: 1-fach, FF1) bei einem Anteil von 50 Prozent erneuerbarer Energien im Energiesystem. Die grünen Pfeile geben die absolute Bruttostrommenge aus Biogasanlagen in Megawattstunden an.

Bioenergie im Strom- und Transportsektor

Innerhalb des Stromsektors wird die Rolle der Bioenergie hauptsächlich dadurch bestimmt, wie flexibel Strom produziert werden kann. Allerdings kann durch Elektromobilität und Wasserstoffproduktion Strom ebenfalls flexibel ins Netz eingespeist werden. Daher ist es in einem Energiesystemmodelle erforderlich, jede flexible Technologieoption zu berücksichtigen. Nur so lassen sich zuverlässige Aussagen über künftige Entwicklungspfade treffen. Somit befindet sich die Elektromobilität im Energiesystem in einem Wettbewerb mit anderen flexiblen Optionen, so auch Biogasanlagen.

Biomasse ist im Verkehrssektor nur eingeschränkt nutzbar. Dadurch werden die Möglichkeiten Bioenergie im Stromsystem ausgleichend einzusetzen, begrenzt. Damit ist für die Rolle der Bioenergie im Energiesystem auch die gesamte Stromnachfrage entscheidend. Die verschiedenen Sektoren des Energie- und Verkehrssystems und ihrer Kapazitäten sowie Eigenschaften hängen daher wechselweise voneinander ab. Sie sollten in Energiesystemstudien ausreichend präzise abgebildet sein.

Erkenntnisse und Methoden für die Modellierung der Bioenergie praxisnah aufbereitet

Ein zentrales Ergebnis des Projektes OptiSys ist das Handbuch „Bioenergie als Flexibilitätsoption im Energiesystem“. In diesem wird die Rolle der Bioenergie in Energiesystemmodellen detailliert beschrieben und analysiert. Es kann nun von anderen Modellierenden genutzt werden, um die zentrale Eigenschaft der Bioenergie, ihre Flexibilität, ausreichend präzise zu berücksichtigen. Im Methodenhandbuch werden sowohl allgemein übertragbare Erkenntnisse und Methoden für die Modellierung der Bioenergie formuliert als auch die spezifischen Annahmen aus dem Projekt „OptiSys“ dargestellt.

 

Letzte Aktualisierung: 20.01.2022

Auf einen Blick

Kurztitel:
OptiSys
Förderkennzeichen:
03KB129A-C
Themen:
Systemintegration
Projektkoordination:
Universität Stuttgart - Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung (IER)
Laufzeit gesamt:
September 2017 bis Dezember 2019

Quintessenz

  • Bioenergie kann als gespeicherte Energie flexibel eingesetzt werden und die fluktuierende Sonnen- und Windenergie ausgleichen. Diese Eigenschaft sollte in Energiesystemmodellen detailliert abgebildet werden. Hierfür wurden im Projekt OptiSys erste Grundlagen und methodische Vorgehensweisen erarbeitet.
  • Der Flexibilisierungsgrad von Biogasanlagen wirkt sich auf die Wertigkeit von Bioenergie im Energiesystem aus. So fallen die Gesamtkosten des Energiesystems niedriger aus, wenn Bioenergie eingesetzt wird.
  • Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sind in ein „Methodenhandbuch“ eingeflossen. Es soll die Nutzenden unterstützen, eine bewusste Technologie- und Parameterauswahl für den verwendeten Systemkontext zu treffen und zu kommunizieren.

Kontakt

Dr. Ludger Eltrop
Universität Stuttgart - IER  Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung
70565 Stuttgart
+49(0)711-685-87816

www.ier.uni-stuttgart.de
Technische Hochschule Ingolstadt
Prof. Dr.-Ing. Uwe Holzhammer
 
DIALOGIK gemeinnützige Gesellschaft für Kommunikations- und Kooperationsforschung mbH
Dr. Giesela Wachinger
https://www.dialogik-expert.de

Publikation

Schriftenreihe „Energetische Biomassenutzung“

Bioenergie als Flexibilitätsoption im Energiesystem

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